Ich werde oft gefragt, weshalb ich Heilpraktikerin geworden bin. Ausgerechnet als Krankenschwester. Oder gerade deswegen?
Es gab eine Zeit in meinem Leben, da war ich nicht nur unzufrieden, ich war unglücklich. Ein bleiernes und fast lähmendes Gefühl. Und mir war klar, so geht es in meinem Leben nicht weiter.
Einer meiner Grundsätze lautet: Am Ende meines Lebens will ich so wenig "hätte ich doch...." wie möglich haben.
Und mein Leben wie es damals war, hätte viele "hätte ich doch...." gemacht.
Nur was wollte ich? Und wenn ich weiß was, habe ich die Kraft dafür?
Auszeit nehmen
Zuerst war klar, dass ich eine Auszeit brauche bis ich wieder funktioniere. Und mit funktionieren meine ich nicht, leistungsfähig zu sein, sondern morgens aufstehen, duschen, Haushalt machen, atmen......
Ein Jahr hat es gebraucht, bis ich wieder die Kraft für meinen Alltag hatte, bis ich an arbeiten auch nur denken konnte. Eine wichtige intensive Zeit, in der ich mich sowohl stationär als auch ambulant unterstützen ließ.
Heute weiß ich, dass ich ohne diese Zeit nicht der Mensch, nicht die Therapeutin wäre, die ich heute bin.
Ich bin immer noch stolz, diesen Weg gegangen zu sein, auch wenn ich es am Anfang als "Stempel" gesehen habe. Mir gedacht, ich bin doch immer so fröhlich, ich kann doch keine Depression haben.
In diesem Jahr wurde klar, dass ich vieles ändern darf. Dass ICH für mein Leben verantwortlich bin, dass ICH Grenzen ziehen darf, dass ICH die einzige bin die MEIN Leben lebt.
Ich habe mich in die Verantwortung geholt, aber auch in die Freude am Leben, die ich vergessen hatte.
Ich habe überlegt, was meine Stressoren sind. Was ich ändern kann und was ich hinnehmen muss.
Mir war klar, dass ich immer noch gerne Krankenschwester bin, aber dass es mich auch kaputt macht, wenn ich weiter nicht auf meine Grenzen achte.
Und mir wurde bewusst, dass ich gerne Menschen helfe. Aber ich wollte es anders als ich es bisher kannte.
Ich wollte Körper, Geist und Seele auf eine Stufe stellen. Den Mensch als Ganzes sehen. Nicht nur Symptome abarbeiten. Wollte ursächlich arbeiten.
Die Ausbildung
Und dann habe ich mich einfach zu einer Ausbildung zur Heilpraktikerin angemeldet.
Zuerst habe ich mich nicht getraut, habe gesagt: Nächstes Jahr.
Daraufhin meinte mein Mann, ich solle ihm fünf Gründe nennen weshalb erst nächstes Jahr.
Mir ist kein einziger eingefallen.....
Also habe ich drei Monate später die 2,5-jährige Ausbildung an der "Grünen Schule" in Hamburg begonnen.
Und weiter ging die Arbeit an mir. Auch in diesen Jahren heilte ich weiter, veränderte mich, veränderte mein Umfeld.
Es war erfüllend, anstrengend, lustig, intensiv, quälend, aufregend und für mich genau das richtige.
Vom ersten Moment an habe ich gespürt, dass es genau das ist was ich will. Und intuitiv gemerkt, dass es auch genau das ist was ich kann.
Ich habe während und nach der Ausbildung gemerkt, für welche Richtung ich brenne, welche Fachrichtungen "meine" sind. Habe gelernt und gelesen und mich weitergebildet.
Oh ja, es war anstrengend, aber es hat mich nicht kaputt gemacht.
Die Praxis
Und dann habe ich die Prüfung bestanden. Gefühlt einfach so. Und in Wirklichkeit mit ganz viel Schweiß, Gewinsel und Gejammer, Lerngruppen und schlaflosen Nächten.
Zuerst die Schriftliche, dann vor einem Dr. Dr. med. die Mündliche.
Noch bei ihm im Raum flossen Tränen vor Erleichterung. Der erste Meilenstein für mein neues Berufsleben war geschafft.
Jetzt durfte ich eine Praxis eröffnen.
Zuerst noch stundenweise in Eimsbüttel, jetzt mit eigener Praxis in Norderstedt. Und ich liebe es.
Oft sitze ich morgens vor dem ersten, oder abends nach dem letzten Patienten still in meiner Praxis und bin dankbar.
Dankbar dafür, dass alles so gekommen ist wie es gekommen ist. Dass es so kommen musste wie es gekommen ist. Dass das mein persönlicher Weg war. Auch mein Weg zur Gesundung.
Der mir viel abverlangt und gleichzeitig geheilt hat.
Ich will damit nicht sagen, dass alle Menschen die eine Depression haben eine Ausbildung zum Heilpraktiker machen sollen.
Dies ist mein Weg.
Und ich bin dankbar dass er es ist.
Herzlichst
Ihre Nicole Ulbrich
PS: An dem Tag an dem mir klar wurde dass ich etwas ändern darf, entstand dieses Foto.
Ein sehr guter Freund und wichtiger Anker in der damaligen Zeit hat es gemacht, als wir am Hafen im Hamburg ohne Ziel einfach liefen wohin es uns zog.
Im Nachhinein ein Tag der mein Leben und auch mich veränderte.
Dieses Bild hängt an meinem Schreibtisch, dass ich nie vergesse, dass die Fäden für mein Leben in meiner Hand liegen.